Regenbogen

Wie viele Farben hat ein Regenbogen? Kann man nicht sagen, sagt der Physiker, da die Spektralfarben ineinander übergehen. Sieben, sagen viele, so viele kann ich unterscheiden, das habe ich in der Grundschule gelernt und so viele sind es auch auf den meisten Gemälden: Rot, Orange, Gelb, Grün, Hellblau, Dunkelblau, Violett. Naja, sagt der Kunsthistoriker, das stimmt für die meisten Bilder seit dem 19. Jh., aber in den zahlreichen Bildern der christlichen Welt hat er zwei bis sieben Farben, Gold kann auch dabei sein. Die Schedelsche Weltchronik schreibt: „Der Regenbogen hat zwei vornehmliche Farben, wiewohl etliche von sechs oder vier Farben sagen.“ Die Regenbogenfahne der LTGB-Bewegung hat sechs Farben: Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau, Violett.

Zur Zeit tobt ein Kampf zwischen den Sieben-Farben-Vertretern und den Sechs-Farben-Vertretern. Die Sechs-Farben-Vertreter werden dabei durch den gerade vorbeigehuschten Synodalen Weg nachhaltig befeuert. Allenthalben – auch vor einigen katholischen Kirchen – findet man nun die sechsfarbige Regenbogenflagge (quergestreift, also eher Block als Bogen). Aussagen Geistlicher zu dieser deplazierten Beflaggung haben oft mit Toleranz und Nächstenliebe zu tun, sehr selten aber mit genauen Bibelzitaten und tiefgehender religiöser Kenntnis.

In der Bibel ist der Regenbogen das Bundeszeichen Gottes. Gott legt nach der Sintflut Seinen Kriegsbogen in den Wolken ab und sagt zu, daß Er nie wieder so verheerende Fluten über die Erde bringen wird.

Und Gott sprach: Das ist das Zeichen des Bundes, den Ich stifte zwischen Mir und euch und den lebendigen Wesen bei euch für alle kommenden Generationen: Meinen Bogen setze Ich in die Wolken; er soll das Zeichen des Bundes werden zwischen Mir und der Erde. Balle Ich Wolken über der Erde zusammen und erscheint der Bogen in den Wolken, dann gedenke Ich des Bundes, der besteht zwischen Mir und euch und allen Lebewesen, allen Wesen aus Fleisch, und das Wasser wird nie wieder zur Flut werden, die alle Wesen aus Fleisch verdirbt. Steht der Bogen in den Wolken, so werde Ich auf ihn sehen und des ewigen Bundes gedenken zwischen Gott und allen lebenden Wesen, allen Wesen aus Fleisch auf der Erde. Und Gott sprach zu Noach: Dies ist das Zeichen des Bundes, den Ich zwischen Mir und allen Wesen aus Fleisch auf der Erde aufgerichtet habe. (Gen. 9,12-17)

Im letzten Buch der Bibel ist der Regenbogen zweimal genannt. Zuerst überwölbt er den Thron Christi (Off. 4,2-3), dann steht er über dem Haupt eines schönen, aber furchterregenden Engels, der Johannes zum Weissagen befähigt und auffordert (Off. 10,1). Er steht für göttliche Macht und Wahrheit.

Friedensschluss, Bund zwischen Gott und Mensch, Gnade, Macht, Wahrheit – diese Assoziationen zum Regenbogen gibt die Bibel her. Der Friedensschluss bedeutet aber nicht, dass die Weisungen Gottes nicht mehr gelten oder beliebig ausgelegt werden dürfen!

In der christlichen Ikonographie ist der Regenbogen also zwei- bis siebenfarbig und entweder kreisförmig gewölbt oder, als Teil der Mandorla, die den thronenden Christus umgibt, aus zwei Kreissegmenten mandelförmig zusammengesetzt. Der quergestreifte sechsfarbige Block entstammt der postchristlichen LGTB-Bewegung. Daß nun Christen,  die sich von ihnen unbequemen Punkten der christlichen Lehre entfernt haben,  auch diesen bunten Block benutzen,  macht ihn nicht zu einem Teil der christlichen Ikonographie.

Grund für die Katastrophe,  die Gottes Friedensschluss voranging,  war der Ungehorsam der Menschen. Es ist für die Geschichte von Noach, der Sintflut und der Rettung samt Friedensschluss unterm Regenbogen nicht relevant, ob sie wortwörtlich so geschehen ist; die Aussage bleibt wahr: Auch wenn Menschen sündigen,  bleibt Gott Seinem Bund treu. Er hat Seinen Kriegsbogen hoch in den Wolken abgelegt. Aber dadurch wird menschliche Untreue nicht gut.  Gott zeigt uns immer wieder den Weg der Versöhnung und des Friedens mit Ihm. Er hilft uns, die bunten Blöcke dieser Welt zu umgehen,  Er richtet uns auch wieder auf, wenn wir darüber stolpern. Als Erinnerung daran kann ich quergestreifte Sechsfarbenbanner verstehen,  aber als Aufruf zum Ignorieren der göttlichen Weisung will ich sie nicht haben  –  schon gar nicht vor Kirchen.

Über Claudia Sperlich

Dichterin, Übersetzerin, Katholikin. Befürworterin der Vernunft, aber nicht in Überdosierung.
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5 Antworten zu Regenbogen

  1. akinom schreibt:

    Die Fälschung des biblischen Regenbogens habe ich gelegen oder ungelegen bei jeder Gelegenheit angeprangert in der Überzeugung, dass es sich dabei um eine Ideologie und/oder Sekte handelt.

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  2. Hans-Jürgen Caspar schreibt:

    Liebe Frau Sperlich,

    ich bewundere den Regenbogen in der Natur und auf Ihrem Bild – „Regenbogen“-Flaggen lassen mich kalt – und erwähne ihn auf meiner Homepage kurz hier: http://www.hjcaspar.de/hpxp/meineseele.htm .

    Mit herzlichem Gruß
    Hans-Jürgen Caspar

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  3. Hermann Hayn schreibt:

    Die Kirche ist ihrem Selbstverständnis nach das neue Israel, das Volk Gottes im Neuen Bund. Es liegt sicher nur an meiner von Grund auf bösartigen Natur, dass ich beim Auftauchen solcher vielfarbiger Blöcke (man sieht, ich leg mich bei der Zahl der Streifen nicht fest) vor Kirchen schlagartig an die Sperrmauer denken muss, die Israel im besetzten Westjordanland hochgezogen hat. Diese hat einen Zweck erreicht, der ausdrücklich gewünscht war: Die Zahl der Terroranschläge in Israel ist zurückgegangen. Und einen anderen – wohl so nicht beabsichtigten – Zweck ebenfalls: Die zwei Völker im Heiligen Land sind tiefer und effektiver getrennt als je zuvor.
    Wie weit kann man das Gleichnis zwischen Eretz Israel und dem Neuen Israel treiben?

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