Schon oft hab ich voll Zwiespalt so gekniet,
mit dem Gedanken: Kann ich denn verehren
ein Folterwerkzeug, an dem Jesus hing?
Kann ich die Lieder singen, die zum Kreuz
so sprechen wie zu Christi bestem Freund?
Auch heute war ich voller Zweifel, noch
als ich das „ecce lignum crucis” mitsang.
Im Herzen sagte ich: Mein Herr und Heiland,
für mich gekreuzigt – Dich will ich verehren.
Wie kann ich ehren dieses Schreckensding?
Dann kniete ich vorm Kreuz, und herzensklar
war mir ganz kurz der Sinn des alten Brauches:
Verehrung dessen, was zu Christi Tod
und meinem Heil geführt hat als ein Werkzeug.
Es schien ganz deutlich für den Augenblick.
Zurück in meiner Kirchenbank, ersann ich
Vergleiche mit den Dingen des Gedenkens,
mit einem Werkzeug oder einer Waffe,
im Leben einst gebraucht, im Tod erlitten
von einem Freund, an den man gerne denkt.
Das alles traf es nicht. Das Licht verschwand.
Doch die Sekunden, da ich klar erkannte
den Sinn in dieser seltsamen Verehrung,
Sekunden meines Lebens, bleiben Funken,
die mir mein Herz erhellen und versehren.
© Claudia Sperlich
Über Claudia Sperlich
Dichterin, Übersetzerin, Katholikin. Befürworterin der Vernunft, aber nicht in Überdosierung.
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