Strohmannargument? Scheindebatte? Nein.

Man hört mitunter, es wolle doch gar niemand ernsthaft den § 218 StGB streichen. Das seien doch alles bloß Scheindebatten der Lebensschützer.

Nun ja. Im Grundsatzprogramm der Grünen heißt es unter Punkt 199 (Hervorhebung von mir):

„Das Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper und das eigene Leben muss für alle Menschen, insbesondere auch Frauen, Mädchen, trans*, inter* und nichtbinäre Menschen mit und ohne Behinderung, uneingeschränkt gelten. Dieses Recht zu realisieren ist Teil einer guten öffentlichen Gesundheitsversorgung. Zu ihr zählen auch selbstbestimmte Schwangerschaftsabbrüche, die nichts im Strafgesetz­buch verloren haben und deren Kosten grundsätzlich übernommen werden müssen. …“

Quelle: Homepage der Grünen, Grundsatzprogramm

Die Linke schreibt in ihrem Grundsatzprogramm unter der Überschrift „Gleichheit und Geschlechtergerechtigkeit“ als letzten Satz des Kapitels (Hervorhebung von mir):

„Wir setzen uns für ein selbstbestimmtes solidarisches Leben und für die Streichung des Schwangerschaftsabbruches als Straftatbestand (§ 218) aus dem Strafgesetzbuch ein.“

Quelle: Die Linke, Parteiprogramm

Ich möchte auf die entsprechenden Seiten nicht verlinken; wer mag, kann sie selbst aufrufen.

Mit anderen Worten: Grüne und Linke wollen ganz ausdrücklich den § 218 streichen.

Die Diskussionen in den sozialen Medien sind oft schrill. Der ausdrückliche Wunsch nach Streichung des § 218 wird oft geäußert, und oft ohne jede Ahnung, was die Folgen davon wären – nämlich u.a. die Freigabe zum vorgeburtlichen Abschuss jedes Menschen bis zum Einsetzen der Wehen. Sicher, das wird nicht die Regel werden! Aber die grundsätzliche Möglichkeit wäre mit der Aufhebung des Abtreibungsverbots gegeben. Was nicht verboten ist, ist erlaubt.

Frauen, die nach der Legalisierung der Abtreibung schwanger werden und in irgendwelchen Schwierigkeiten sind, werden sich noch häufiger als jetzt die Frage gefallen lassen müssen „Warum treibst du nicht ab?“ Mütter von Behinderten, alleinerziehende Mütter, Mütter mit ernsten Problemen finanzieller oder gesundheitlicher Art werden noch öfter als jetzt als Kommentar zu ihrem Kind hören müssen: „Das wäre doch nicht nötig gewesen!“

Man kann Schwangere unterstützen und ermutigen – oder dazu überreden, ihre Kinder zu töten. Man kann Kinder, die von irgendwelchen Einschränkungen betroffen sind, unterstützen und ermutigen – oder vorgeburtlich beseitigen. Man kann unverantwortliche Männer zur Verantwortung ziehen – oder unbehelligt davonkommen lassen. Ich bin in jedem Fall für die erste Möglichkeit.

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Über Claudia Sperlich

Dichterin, Übersetzerin, Katholikin. Befürworterin der Vernunft, aber nicht in Überdosierung.
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Eine Antwort zu Strohmannargument? Scheindebatte? Nein.

  1. akinom schreibt:

    Die neue babylonische Sprachverwirrung und sündhaftes Schweigen gibt es in der Kirche, Politik und Wissenschaft in verheerendem Maße mit schlimmsten Folgen. Wo gibt es noch Gesetze, die den 10 Geboten entsprechen? Gibt es noch ein „kleineres Übel“ zu wählen ? „Bewahre uns vor Verwirrung und Sünde!“

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