Schnee in Berlin

Seit gestern liegt auch in Berlin Schnee. Es ist mild, tagsüber frostfrei, aber es langt, daß unzählige Menschen fröhlicher sind als gewöhnlich. Überall stehen Schneemänner herum, Erwachsene liefern sich Schneeballschlachten. Ich war gestern zum ersten Mal mit meiner Patentochter alleine auf dem Spielplatz und habe mit ihr einen winzigen Schneemann gebaut. Zwei große standen da schon.

Und mitten in dieser Freude kommen zwei Kinder, höchstens fünf und sechs Jahre alt, schlagen alle Schneemänner kaputt und nehmen die Möhre, die der eine als Nase hat, um sich selbst einen Schneemann zu bauen. Die Eltern sitzen regungslos davor und sagen nichts.

Ich sage zu meiner Nichte laut genug, daß die beiden Rotzlöffel (und hoffentlich auch die Eltern) es hören: „Guck mal, die beiden haben die Schneemänner kaputtgemacht. Sehr doof. Tut man nicht.“ Und sie, vollkommen gelassen: „Bauen wir einen neuen Schneemann!“ Das taten wir dann auch, und sie war glücklich.

Eigentlich sollen ja Patentanten und -onkel ihren Patchen etwas beibringen. Aber es schadet nichts, wenn das dreijährige Patchen der empörten und ratlosen Tante auch etwas beibringt, nämlich die Umsetzung der Devise „Ned amal ignorieren“. Jemand hat etwas wirklich Doofes und Boshaftes getan, aber Menschen sind nicht verletzt? Täter ignorieren, Schaden beheben und gut.

Die Kleine hat erreicht, daß ich gestern Abend entspannt und froh eingeschlafen bin – nach einem Gebet für die beiden Rotzlöffel.

Von dem Vorfall oder den Schneemännern habe ich kein Bild. Aber von meinem zauberisch verschneiten Balkon.

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Über Claudia Sperlich

Dichterin, Übersetzerin, Katholikin. Befürworterin der Vernunft, aber nicht in Überdosierung.
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2 Antworten zu Schnee in Berlin

  1. Sehr schön, liebe Frau Sperlich, diese kleine, lehrreiche Geschichte und Ihre Bilder, besonders das untere.
    Mit herzlichem Gruß
    Hans-Jürgen Caspar

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