Disziplin

Die Gebetszeiten einhalten finde ich nicht schwer.
Fasten finde ich auch nicht schwer.
Aber – freundlich zu mir und anderen bleiben, während ich die zweite Woche die Wohnung nicht verlassen und keine Gäste empfangen darf, ist schwerer als ich ahnte. Die Zeit zwischen den Gebeten nicht totschlagen, sondern irgendwie sinnvoll (heißt nicht unbedingt „nützlich“) füllen, ist eine Anforderung.

Ich könnte ja jetzt einfach sagen: Mir geht es gut, es war doch wohl bloß eine Erkältung, ich bin gesund, ich gehe raus.

Aber das wäre falsch. Denn es besteht die Möglichkeit, daß es eben doch ein milder Verlauf von Corona war. Also bleibe ich dabei, halte die Quarantäne ein und lerne dabei einiges über meine menschliche Schwäche, was ich so genau gar nicht wissen wollte.

Vielleicht hilft’s mir zur Demut. Dann ist es gut.

Bei allem grummeligen Genervtsein bin ich dankbar für die wundervolle Schar an Freunden und für die technischen Möglichkeiten unserer Zeit. Ich kann Köln und Rom live im Wohnzimmer haben. Und das katholische Berlin-Wilmersdorf auch. Und natürlich kann ich auch ganz säkular den erzwungenen Urlaub verwenden, Filme zu gucken.

Disziplin halten nervt manchmal. Aber es ist möglich. Und lieber bin ich manchmal genervt, als daß ich meine Nächsten krank mache. Also, liebe Leidensgenossen in Quarantäne: Wir bleiben brav – sowohl im ursprünglichen Sinne von „tapfer“ als auch im neuen von „folgsam“. Und alle anderen, die arbeiten, einkaufen, helfen, spazierengehen, in die Kirche gehen dürfen und im übrigen auch sehr eingeschränkt leben: Ihr auch, bitte. Ab 2. April gehöre ich wieder zu dieser Gruppe – und muss auch dann Disziplin halten, mich einschränken in vielem, wie alle. Und es wird mir vermutlich eine Weile wie die ganz große Freiheit vorkommen.

Wir werden noch lange mit Corona zu tun haben. Die schlimmste unter den seriös klingenden Prognosen, die ich gelesen habe, spricht von zwei Jahren. Wir werden diese Zeit nur mit Disziplin durchhalten – und mit den göttlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe.

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Über Claudia Sperlich

Dichterin, Übersetzerin, Katholikin. Befürworterin der Vernunft, aber nicht in Überdosierung.
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