Normalerweise wäre es Erkältung

Was ich gestern abend noch für Reizhusten hielt, scheint heute früh eine kräftige Erkältung. Normalerweise würde ich das weitgehend ignorieren.

Aber jetzt ist nicht normalerweise.

Voraussichtlich die nächsten vierzehn Tage – wenn nicht vorher ärztlich bestätigt werden kann, daß es wirklich nur eine Erkältung ist – werde ich zu Hause bleiben. Keine Sorge: Ich bin gut ausgestattet (sogar mit Klopapier, wenn auch nicht auf Monate oder Jahre), und ich habe wundervolle Freunde, die nicht in freiwilliger Quarantäne sind. Meine Chefin ist informiert, findet, ich mache alles richtig. Ich habe noch ungelesene Bücher.

Ich folge schon seit einigen Tagen der morgendlichen Messe im Kölner Dom auf EWTN, und ich bin über die modernen Formen der Kommunikation äußerst froh.

Sehr traurig bin ich, daß ich nun nicht zur Anbetung in die Kirche darf. Und ich kann noch nicht wirklich realisieren, daß ich irgendetwas „richtig gemacht“ habe, wenn ich mich wegen ein bißchen Husten krankschreiben lasse und in Quarantäne begebe. Es wirkt so absurd. Mein Leben lang habe ich gelernt, man müsse sich nicht so anstellen, in normalen Zeiten finde ich das auch immer noch richtig – und nun dies! Ich muss mir ständig selbst sagen, daß ich vernünftig handle und nicht bekloppt und hysterisch.

Das Telephon zu der Beratungsstelle, die ich anrufen soll, ist dauernd überlastet. Zu allen anderen Corona-relevanten Beratungsstellen auch.

Der Doktor, der mir die Überweisung schicken soll, ruft irgendwann zurück. Vorhin hatte ich nur die Sprechstundenhilfe am Telephon. Tests machen die nicht, was ich gut verstehen kann. Jetzt warte ich auf einen Anruf, der sicher kommen wird, aber ich habe keine Ahnung, wann. Das ist das Gute an Quarantäne: Man verpasst Anrufe auch dann nicht, wenn sie auf Festnetz kommen!

Vorhin erfuhr ich, daß die Grippewelle vorbei ist. Damit ist etwas, was sich so anfühlt, wie das, was ich gerade habe, mit einiger Wahrscheinlichkeit Corona. Natürlich ist es bei voraussichtlich 70% Infizierten im Laufe der Zeit nur eine Frage derselben, wann es mich erwischt – daß ich als 58Jährige mit Grunderkrankung (die mir in normalen Zeiten in der Regel egal ist) verschont bleibe, ist eher unwahrscheinlich.

Ich mache mir keine Sorgen um mich. Ich bin nicht so schwer grunderkrankt, daß ich um mein Leben fürchten müsste, und wenn, dann hätte ich danach immer noch was Besseres zu erwarten. Ich bin nur gerade etwas durcheinander, und ich merke, daß die Gedanken „Quarantäne wird schon nicht so schlimm sein“ und „Huch, ich bin in Quarantäne“ sich grundlegend verschieden anfühlen. Ich hoffe, niemanden infiziert zu haben. Ich hoffe, nicht leichtsinnig gewesen zu sein.

Ein Gedanke, der mich im Augenblick besonders ärgert, hat mit der Arbeit zu tun. Fußboden und Altarstufen von St. Fidelis sind aus Travertinplatten. In den Poren hat sich über Jahrzehnte Dreck angesammelt. Die oberste Stufe mit dem Tabernakel und die mit dem Altar habe ich in den letzten zwei Wochen mit Bürste und Putzwasser schön sauber geschrubbt und dann versiegelt (übrigens bekommt man von Emsal Vollglanz sehr schön glänzende Fingernägel). Die unterste Stufe erstreckt sich auf der rechten Seite zum Podest für einen Seitenaltar der Muttergottes. Und diese unterste Stufe wollte ich am nächsten Mittwoch putzen. Tut mir Leid, Maria!

Das Hochfest des Heiligen Joseph wollte ich eigentlich anders begehen. Nun begehe ich es leicht durcheinander zu Hause. Vielleicht hilft mir das ja zur Demut. Joseph konnte auch nicht immer tun, was er wollte.

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Über Claudia Sperlich

Dichterin, Übersetzerin, Katholikin. Befürworterin der Vernunft, aber nicht in Überdosierung.
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8 Antworten zu Normalerweise wäre es Erkältung

  1. Xeniana schreibt:

    Gute Besserung

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  2. Laura schreibt:

    Du, ganz gute Besserung – und viel Kraft!!! 🙂

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  3. Dagmar Schnettke schreibt:

    Wünsche Ihnen Genesung ohne Komplikationen! In gewisser Weise ist das Fastenzeit „total“.

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  4. Monika Schmetterling schreibt:

    Gute Besserung!

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