Gestern war ich wieder einmal als Ordnerin beim Marsch für das Leben. Es begann wieder mit einer Kundgebung, bei der u.a. der Passauer Bischof Stefan Oster sprach – sehr gut, sehr ruhig und sehr ermutigend. Am meisten Eindruck machte mir allerdings eine Dichterin, die ein sprachlich sehr gelungenes und anrührendes Gedicht über einen Jungen vortrug, der mit dem Down-Syndrom zur Welt kam – eine frohe, zugleich realistische und liebevolle Hymne an dies besondere Leben, offenbar autobiographisch geprägt.
Da ich weit hinten stand, hatte ich keinen Blick auf die Bühne, und so bekam ich nicht mit, daß während einer anderen Rede einige Spinner die Bühne stürmten und dort Randale machen wollten. Ich bekam es wirklich nicht mit, weil der Redner es schaffte, so zu tun, als ob nichts wäre. Er sprach einfach weiter, während Polizisten in Zivil (tja, damit hatte die Gegenseite nicht gerechnet) die Störer mit sachlicher Ruhe von der Bühne entfernten.
Das Gegröhle war die gewohnte Hintergrundmusik, diesmal konnte man aber dennoch alle Reden gut verstehen.
Ein Passant mit englischem Akzent sprach mich in völliger Arglosigkeit an, ob das hier die Wahlveranstaltung der AfD sei – irgendwelche Leute hätten ihm gesagt, so etwas finde hier statt. Er konnte es diesen „irgendwelchen Leuten“ offenbar nicht so ganz glauben. Mit einer Mühe blieb ich ruhig und sagte, nein, dies sei eine nicht parteiliche, von Christen organisierte überkonfessionelle Veranstaltung für das absolute Lebensrecht. Das schien ihn zu freuen. Den „irgendwelchen Leuten“ sage ich hier: Eine Lüge wird nicht gut davon, daß sie frech, dumm und verleumderisch ist.
Der Marsch setzte sich in Bewegung, und ich hatte ein bißchen mehr als ich wollte damit zu tun, die Bürgersteige für die Polizei freizuhalten. (Hinweis für alle, die das nächste Mal kommen wollen: Bitte haltet die Bürgersteige für die Polizei frei. Vor allem, wenn eine nette Ordnerin mit grüner Weste und Armbinde euch darum bittet.)
Die Gegenseite brachte eine Sitzblockade zustande, was uns einen längeren Aufenthalt an der schönen Spree eintrug. Leider wurde das zum Problem für eine alte Dame, die nicht so lange stehen konnte. Ich half ihr, sich auf die Bordsteinkante zu setzen. Hinweis an die Störer: Ihr habt es geschafft, einer gebrechlichen Frau ein echtes Problem zu machen – und mir zu einem wirklich netten Plausch mit dieser Dame zu verhelfen. Sie ist noch immer, weit über das Rentenalter hinaus, als Lehrerin für Behinderte tätig. Soviel zum ewigen Vorwurf, Lebensschützer kümmern sich nicht um bereits Geborene.
Während der Blockade wurde viel gesungen – „Großer Gott, wir loben Dich“ gehört zum Standardrepertoire des MfdL, ebenso „Lobe den Herrn, meine Seele“. Vielleicht merkt es ja mal einer der Störer: Christliche Lebensrechtler sind Leute, die, wenn man ihnen Schwierigkeiten macht, bleiben und Gott preisen.
Die Sitzblockade wurde endlich aufgelöst. Die Route wurde nun etwas geändert, d.h. verkürzt, um den Abschlussgottesdienst zur geplanten Zeit halten zu können.
Ich hatte mehrere sehr schöne Begegnungen – und ich glaube, so ging es jedem Teilnehmer. Einige Freunde fand ich in dem Getümmel leider nicht, obwohl sie dabei waren – bei achttausend Menschen kein Wunder.
Die Presse ist unterirdisch wie gewohnt. Ja natürlich sind 8000 „über Tausend“ oder „mehrere Tausend“, aber das macht solche Angaben nicht wirklich redlich. Der rbb schreibt „Da es in der Vergangenheit immer wieder zu Zwischenfällen zwischen den Gruppen kam, war die Polizei mit mehreren Einsatzkräften vor Ort.“ Das insinuiert, als seien die „Zwischenfälle“ von beiden Gruppen, dem MfdL und den Gegendemonstranten, gleichermaßen ausgegangen – und das ist erwiesenermaßen eine dreiste Lüge. Seitens des MfdL war alles friedlich.
Ich ging vor dem abschließenden Gottesdienst, sehr erschöpft und sehr zufrieden. Wir Lebensrechtler können Präsenz zeigen, können unsere Meinung sagen, wir werden wahrgenommen.
Realistische Berichterstattung gibt es z.B. auf kath.net und EWTN und mit Sicherheit peu à peu auf den üblichen verdächtigen Blogs.
Begonnen und beendet habe ich den Tag in der Kirche – bei und mit Gott, der über allem Leben steht. Ich kann das nur empfehlen, gerade bei anstrengenden Tagen mit hohem Nerv- und einem gewissen Gefahrenpotential. Er hat mich die Spinner am Rande mit Gelassenheit sehen lassen. Er kann auch ihnen Einsicht verleihen.
Pingback: 2019-09-22 | So war der Marsch für Leben und Lebensrecht in Berlin | Gebetsgruppe St. Josef, Aachen
Danke für deinen Bericht und dein Engagement, Gott segne Dich!
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Dank für diesen lieben Kommentar!
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Nur Gott kennt die Zahl derer, die im Herzen und im Gebet und bei der Lektüre dieses Blogbeitrags mitmarschiert sind….
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Vielen Dank für dein Engagement für das Leben!
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