Ehe für viele

Auf Facebook wurde mir folgende Frage gestellt:

Hallo liebe Claudia, ich weiß wohl um das Sakrament der Ehe, aber wie ist das nun mit Menschen, die sich letztlich zum eigenen Geschlecht hingezogen fühlen und sich schlichtweg als „Päärchen 2. Klasse“ (oder Schlimmeres) fühlen müssen? Was hat die Kirche denen anzubieten? Also, ich bin nun wirklich kein martial-Verfechter der „Ehe-für-Alle“; ich denke, wir haben dringendere Probleme! ABER: Ich kenne nun auch schwule Paare, die ein absolutes Glück darin gefunden haben, dass sie Mann-Mann bzw. Frau-Frau sein dürfen, und dann meiner Ansicht nach, auch alle gleichen Rechte (und natürlich auch Pflichten) einer Ehe für sich in Anspruch nehmen dürfen. Bislang ist dies (zum Glück) in Teilen vor dem weltlichen Standesamt gut geregelt. Aber, was ist zum Beispiel mit gläubigen (schwulen oder lesbischen) Katholiken? Diese Paare werden sich ewig in der Diaspora der Gesellschaft fühlen, falls ihnen nicht eben die Gleichartigkeit der Ehe (mündige Partner vorrausgesetzt!!! Wohl bemerkt, rede ich ich von Menschen >=18!!!) verwehrt wird. Ich weiß sehr genau um die Argumente und auch die daraus folgenden Schwierigkeiten der kath. Kirche, dies anzuerkennen. Aber: Kann eine Kirche, die das Prädikat „katholos“ für sich beheimatet, nicht auch ein paar Dogmen wenigstens zur Diskussion stellen? Bitte, bitte, nimm dies nicht als mangelnden Respekt an! Noch will ich die katholische Religion beleidigen!!! Ich schreibe dies deshalb, weil es in jüngster Vergangenheit ein paar eklatante Missverständnisse bezüglich meiner Äußerungen und gläubigen Menschen gegeben hat. Nimm dies bitte einfach als Meinung / Anregung an!!! Danke!!!

Zunächst einmal: Selbstverständlich nehme ich diese Frage ernst und sehe sie auch keinesfalls als mangelnden Respekt oder Beleidigung. Es ist traurig, daß dem Fragesteller dergleichen offenbar häufig vorgeworfen wurde (so jedenfalls verstehe ich seine abschließende Bitte).

Sodann möchte ich, auch wenn der Fragesteller darüber bereits informiert ist, für die Allgemeinheit hier noch einmal kurz die Sicht der katholischen Kirche zeigen.

Katechismus der katholischen Kirche

2357 Homosexuell sind Beziehungen von Männern oder Frauen, die sich in geschlechtlicher Hinsicht ausschließlich oder vorwiegend zu Menschen gleichen Geschlechtes hingezogen fühlen. Homosexualität tritt in verschiedenen Zeiten und Kulturen in sehr wechselhaften Formen auf. Ihre psychische Entstehung ist noch weitgehend ungeklärt. Gestützt auf die Heilige Schrift, die sie als schlimme Abirrung bezeichnet [Vgl. Gen 19,1-29; Röm 1,24-27; 1 Kor 6,9-10; 1 Tim 1,10], hat die kirchliche Überlieferung stets erklärt, „daß die homosexuellen Handlungen in sich nicht in Ordnung sind“ (CDF, Erkl. „Persona humana“ 8). Sie verstoßen gegen das natürliche Gesetz, denn die Weitergabe des Lebens bleibt beim Geschlechtsakt ausgeschlossen. Sie entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit. Sie sind in keinem Fall zu billigen.

2358 Eine nicht geringe Anzahl von Männern und Frauen sind homosexuell veranlagt. Sie haben diese Veranlagung nicht selbst gewählt; für die meisten von ihnen stellt sie eine Prüfung dar. Ihnen ist mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen. Man hüte sich, sie in irgend einer Weise ungerecht zurückzusetzen. Auch diese Menschen sind berufen, in ihrem Leben den Willen Gottes zu erfüllen und, wenn sie Christen sind, die Schwierigkeiten, die ihnen aus ihrer Veranlagung erwachsen können, mit dem Kreuzesopfer des Herrn zu vereinen.

2359 Homosexuelle Menschen sind zur Keuschheit gerufen. Durch die Tugenden der Selbstbeherrschung, die zur inneren Freiheit erziehen, können und sollen sie sich – vielleicht auch mit Hilfe einer selbstlosen Freundschaft -‚ durch das Gebet und die sakramentale Gnade Schritt um Schritt, aber entschieden der christlichen Vollkommenheit annähern.

In den 1975 unter dem Titel Persona Humana erschienen Erklärungen der Kongregation für die Glaubenslehre zur Sexualethik liest man:

Im Gegensatz zur beständigen Lehre des kirchlichen Lehramtes und des sittlichen Empfindens des christlichen Volkes haben heute einige unter Berufung auf Beobachtungen psychologischer Natur damit begonnen, die homosexuellen Beziehungen gewisser Leute mit Nachsicht zu beurteilen, ja sie sogar völlig zu entschuldigen.

Sie unterscheiden – was begründetermaßen zu geschehen scheint – zwischen Homosexuellen, deren Neigung sich von einer falschen Erziehung, von mangelnder sexueller Reife, von angenommener Gewohnheit, von schlechten Beispielen oder anderen ähnlichen Ursachen herleitet und eine Übergangserscheinung darstellt oder wenigstens nicht unheilbar ist, und Homosexuellen, die durch eine Art angeborenen Trieb oder durch eine pathologische Veranlagung, die als unheilbar betrachtet wird, für immer solche sind.

Was nun die Personen dieser zweiten Kategorie betrifft, kommen einige zu dem Schluß, daß ihre Neigung derart natürlich ist, daß sie für sie als Rechtfertigungsgrund für ihre homosexuellen Beziehungen in einer eheähnlichen aufrichtigen Lebens- und Liebesgemeinschaft angesehen werden muß, sofern sie sich nicht imstande fühlen, ein Leben in Einsamkeit zu ertragen.

Sicher muß man sich bei der seelsorglichen Betreuung dieser homosexuellen Menschen mit Verständnis annehmen und sie in der Hoffnung bestärken, ihre persönlichen Schwierigkeiten und ihre soziale Absonderung zu überwinden. Ihre Schuldhaftigkeit wird mit Klugheit beurteilt werden. Es kann aber keine pastorale Methode angewandt werden, die diese Personen moralisch rechtfertigen würde, weil ihre Handlungen als mit ihrer persönlichen Verfassung übereinstimmend erachtet würden. Nach der objektiven sittlichen Ordnung sind die homosexuellen Beziehungen Handlungen, die ihrer wesentlichen und unerläßlichen Regelung beraubt sind. Sie werden in der Heiligen Schrift als schwere Verirrungen verurteilt und als die traurige Folge einer Zurückweisung Gottes dargestellt.18 Dieses Urteil der Heiligen Schrift erlaubt zwar nicht den Schluß, daß alle jene, die an dieser Anomalie leiden, persönlich dafür verantwortlich sind, bezeugt aber, daß die homosexuellen Handlungen in sich nicht in Ordnung sind und keinesfalls in irgendeiner Weise gutgeheißen werden können.

Zu den biblischen Begründungen: Gen. 19 wendet sich explizit gegen homosexuelle Akte der Gewalt. Ein häufig gehörtes Argument ist daher, daß es ja in einer homosexuellen Partnerschaft um einvernehmlichen Sex geht (und um Liebe und Fürsorge). Jedoch werden homosexuelle Akte im Neuen Testament auch grundsätzlich (d.h. auch dann, wenn sie einvernehmlich geschehen) als „Unzucht“ dargestellt, und man darf annehmen, daß dies auch im Judentum zur Zeit der jungen Kirche common sense war. Sexualität ist nach biblischem und christlichem Verständnis nur dann in Ordnung, wenn sie innerhalb einer Ehe stattfindet und – ganz wichtig – grundsätzlich für die Weitergabe des Lebens offen ist. Keineswegs wird Sex als Sünde gesehen – im Gegenteil sieht die Kirche Sex als so heilig an, daß sie ihm den geschützten Raum der Ehe vorbehält. Auch ist es nicht wahr, daß Sex nach katholischer Lehre nur stattfinden darf, wenn er mit einiger Wahrscheinlichkeit zur Schwangerschaft führt. (Das ist eine der unappettitlichsten Unterstellungen, die die Kirche erleidet. Tatsächlich wäre das eine mit der katholischen Sexuallehre nicht vereinbare Verzweckung der Sexualität.) Wenn ein Ehepaar feststellt, daß der Kinderwunsch unerfüllt bleibt, braucht es dennoch keine Josefsehe zu führen. Ebenso ist die Natürliche Familienplanung katholischerseits erlaubt, solange sie nicht ausschließlich zur Verhinderung der Schwangerschaft genutzt wird.

Was jedoch nach katholischer Lehre eindeutig nicht sein darf, ist Sex, der aus seiner Natur heraus nicht auf Kinder ausgerichtet sein kann – also gleichgeschlechtlicher Sex. Daß dieser nicht zur Schwangerschaft führt, ist keine Ungerechtigkeit der Kirche, sondern eine biologische Gegebenheit. Zum Vergleich: Es ist auch nicht ungerecht, daß ich als Epileptiker keine Nachtdienste machen und nicht Auto fahren darf. Es ist schlecht, insofern es mir eine Menge Jobs verschließt, aber nicht ungerecht. Ich kann nichts dafür, kein Arbeitgeber kann was dafür, es nimmt mir einige Chancen – aber es hat überhaupt keinen Sinn, wenn ich jetzt „Ungerechtigkeit!“ schreie. (Und bitte, lieber Leser, ich vergleiche hier nicht Homosexualität mit Epilepsie. Ich mache nur an einem mir vertrauten Beispiel deutlich, daß manche Dinge nicht gehen, ohne das deshalb Ungerechtigkeit herrscht.)

Ebensowenig ist es ungerecht, wenn es keine katholische Ehe für Schwule oder Lesben gibt. „Ehe“ heißt auf katholisch: „Sakramentale, lebenslange, liebende, für Kinder offene Verbindung zwischen Mann und Frau.“ Auf säkular heißt Ehe immer noch: „Auf Dauer eingerichtete, notfalls kündbare Verbindung zwischen Frau und Mann, mit der Option, Kinder zu haben.“

„Ehe für alle“ ist nicht nur die feindliche Übernahme eines Begriffs; es ist auch begrifflich unklar. Es heißt so ungefähr: „Auf eher längere Zeit geschlossener, kündbarer Vertrag zwischen zwei oder mehr Menschen gleich welchen Geschlechts, bei dem Kinder gewollt werden bzw. möglich sein können oder auch nicht, jetzt erstmal mit einem Mindestalter von 18, es könnten später aber auch jüngere Leute und eventuell auch andere Wesen als Menschen zur Ehe zugelassen werden.“ Damit ist das Wort „Ehe“ in der neuen Bedeutung „Ehe für alle“ für so viele Definitionen offen, daß es den Sinn eines Nomens verfehlt. (Nomina sind dazu dazu da, Dinge und Sachverhalte knapp zu benennen. Ich sage „Fenster“, um nicht sagen zu müssen „Das im Idealfall durchsichtige Glas- oder Kunststoffding mit Rahmen, das dem Tageslicht ermöglicht, ins Haus zu kommen“. Wenn „Ehe“ mit der neuen Bedeutung gefüllt wird, die ich oben angegeben habe, aber zugleich auch die alte Bedeutung hat, verliert die Sprache und mit ihr das Denken an Klarheit.)

Es kann von der katholischen Kirche auch keinen Segen für schwule Paare geben, weil man nicht segnen kann, was man kategorisch falsch findet. Das heißt aber nicht, daß Homosexuelle generell keinen Segen empfangen können. Wenn sie sich entschließen, z.B. der Bruderschaft des Weges beizutreten, und hierzu den Segen der Kirche erbitten, wird ihnen der selbstverständlich gewährt. Aber auch ein verpartnerter Homosexueller, der in irgendeiner Sache um den Segen bittet, kann ihn empfangen – nur nicht gemeinsam mit seinem Freund, weil das den Eindruck einer Segnung der Partnerschaft erwecken könnte (selbst wenn es etwas anderes ist), somit ein Ärgernis wäre und nicht sein darf.

Wenn Homosexuelle in einer Partnerschaft treu sind und für den Partner auch in schwierigsten Zeiten da sind, so ist genau dies – die Treue, die Fürsorge – in sich gut. Das ändert aber nichts daran, daß homosexuelle Akte in sich nicht in Ordnung sein können.

Ich glaube, daß Sexualität dem Leben dienen soll, und daß sie dies nirgendwo auch nur annähernd so gut kann wie in dem geheiligten Raum der Ehe. Mit „dem Leben dienen“ meine ich: Partner, die miteinander ins Bett gehen, sollen sich vollkommen aneinander verschenken, sollen das Leben so sehr bejahen, daß sie seine Weitergabe mindestens in Kauf nehmen, besser noch freudig bejahen.

Was hat nun die Kirche homosexuellen Paaren anzubieten?

Zunächst: Das Sakrament der Versöhnung – und bei der Aufgabe homosexueller Praktiken (oder dem Mühen darum) seelsorgerliche Hilfe und alle Tröstungen, die die Kirche durch die Sakramente eben bietet. Sie hat ihnen also alles zu bieten, was sie anderen Sündern auch bietet.

Sodann ist die Berufung zur Keuschheit, von der der oben zitierte Katechismus spricht, keine unbedeutende Sache. Vielmehr ist das ein wunderbarer Gegenentwurf zu einer übersexualisierten Welt, ein Akt der Solidarität mit den Ungeliebten und eine Möglichkeit zur Sublimierung von Trieben.

Ich kann nicht mit mathematischer Sicherheit beweisen, daß das richtig ist, weil alles, was Moral, Ethik, Religion und Liebe angeht, sich der mathematischen Beweisbarkeit entzieht. Aber ich vertraue der Autorität Jesu, der auf biblischer Grundlage gelehrt hat, und der die Ehe ganz eindeutig als unlösbares Band zwischen Mann und Frau definiert (Mt. 19,5-6). Je mehr ich über Jesus nachdenke, desto mehr Bestätigung finde ich dafür, daß es richtig ist, Ihm voll und ganz zu vertrauen.

Das Buch Tobit erzählt die Geschichte des jungen Tobias und der Sara, die bislang grauenhaftes Pech mit Männern hatte. Tobias heiratet sie, besiegt mit Hilfe eines Engels einen eifersüchtigen Dämon, und dann…

Als Tobias und Sara in der Kammer allein waren, erhob sich Tobias vom Lager und sagte: Steh auf, Schwester, wir wollen beten, damit der Herr Erbarmen mit uns hat. Und er begann zu beten: Sei gepriesen, Gott unserer Väter; gepriesen sei dein heiliger und ruhmreicher Name in alle Ewigkeit. Die Himmel und alle deine Geschöpfe müssen dich preisen. Du hast Adam erschaffen und hast ihm Eva zur Frau gegeben, damit sie ihm hilft und ihn ergänzt. Von ihnen stammen alle Menschen ab. Du sagtest: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist; wir wollen für ihn einen Menschen machen, der ihm hilft und zu ihm passt. Darum, Herr, nehme ich diese meine Schwester auch nicht aus reiner Lust zur Frau, sondern aus wahrer Liebe. Hab Erbarmen mit mir und lass mich gemeinsam mit ihr ein hohes Alter erreichen! Und Sara sagte zusammen mit ihm: Amen.
Und beide schliefen die Nacht über miteinander.

Heiraten, Dämonen besiegen, beten, miteinander ins Bett gehen: Das ist die richtige Reihenfolge. Beteiligte: ein Mann, eine Frau. Dann klappts auch mit der Ehe.

Über Claudia Sperlich

Dichterin, Übersetzerin, Katholikin. Befürworterin der Vernunft, aber nicht in Überdosierung.
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