Esoterisches Geschwafel im Bistum Münster

Die Facebookseite des Bistums Münster glänzt nicht eben durch im christlichen Sinne aufbauende Worte. Sie ist tatsächlich eine Sammlung von Platitüden, teils lustig sein sollend, teils esoterisch angehaucht.
Für gewöhnlich ist mir meine Zeit zu kostbar, mich mit doofen Bistumsseiten auseinanderzusetzen. Heute aber ist der esoterische Schmarren des Bistums Münster so grauenvoll unchristlich, daß ich es nicht lassen kann.

Zitiert wird Oriah Mountain Dreamer. Oriah stammt aus einer Ortschaft in Northern Ontario und wuchs in einem irgendwie christlichen Umfeld auf. Sie begeisterte sich dann für schamanische Kulte und Riten und später auch für Yoga und studierte an der Universität von Toronto Philosophie. Den Namen Oriah will sie im Traum erhalten haben; Mountain Dreamer wurde sie später von einem Medizinmann genannt. Dies alles kann man auf ihren Seiten im Internet finden; ich verlinke nicht dorthin und lasse hier auch keine derartigen Links im Kommentarbereich zu.

Das Zitat wurde vom Bistum Münster etwas gekürzt; ich bringe es vollständig und setze die vom Bistum abgedruckten Teile kursiv.

Es interessiert mich nicht, wie du dein Geld verdienst.
Ich will wissen, wonach du dich sehnst, und ob du es wagst davon zu träumen, der Sehnsucht deines Herzens zu begegnen.

Es interessiert mich nicht, wie alt du bist.
Ich will wissen, ob du es riskierst, dich für die Liebe lächerlich zu machen, für deine Träume, für das Abenteuer, lebendig zu sein.

Es interessiert mich nicht, welche Planeten im Quadrat zu deinem Mond stehen.
Ich will wissen, ob du den Kern deines Leidens berührt hast, ob du durch die Enttäuschungen des Lebens geöffnet worden bist, oder zusammengezogen und verschlossen, aus Angst vor weiterem Schmerz.

Ich will wissen, ob du im Schmerz stehen kannst, meinem oder deinem eigenen, ohne etwas zu tun, um ihn zu verstecken, ihn zu verkleinern, oder ihn in Ordnung zu bringen.

Ich will wissen, ob du mit Freude sein kannst, meiner oder deiner eigenen,
ob du mit Wildheit tanzen und dich von Ekstase füllen lassen kannst bis in die Spitzen deiner Finger und Zehen, ohne uns zu ermahnen, vorsichtiger zu sein, realistischer zu sein, oder an die Beschränkungen des Menschseins zu erinnern.

Es interessiert mich nicht, ob die Geschichte, die du mir erzählt hast, wahr ist.
Ich will wissen, ob du einen anderen enttäuschen kannst, um dir selber treu zu bleiben. Ob du den Vorwurf des Verrats ertragen kannst und nicht deine eigene Seele verrätst.

Ich will wissen, ob du die Schönheit sehen kannst, auch wenn es nicht jeden Tag schön ist,
und ob du dein Leben aus SEINER Gegenwart entspringen lassen kannst.

Ich will wissen, ob du mit Versagen leben kannst, deinem und meinem, und trotzdem am Ende eines Sees stehen kannst, um zum silbernen Vollmond zu rufen, „Ja“.

Es interessiert mich nicht zu wissen, wo du lebst, und wieviel Geld du hast.
Ich will wissen, ob du nach der Nacht der Trauer und Verzweiflung aufstehen kannst, müde und zerschlagen, um dich um die Kinder zu kümmern.

Es interessiert mich nicht wissen, wer du bist, und wie es kommt, wie es kommt, dass du hier bist.
Ich will wissen, ob du in der Mitte des Feuers mit mir stehst, ohne zurückzuweichen.

Es interessiert mich nicht, wo oder was oder mit wem du studiert hast.
Ich will wissen, was dich von innen trägt, wenn alles andere wegfällt.
Ich will wissen, ob du alleine mit dir sein kannst, und ob du deine Gesellschaft in den leeren Momenten wirklich magst
.

Mir ist klar, daß viele Leser das ganz unglaublich weise und stark finden. Ich finde: Es ist gefährliches, unbarmherziges, sich als Weisheit darstellendes Geschwurbel und hat auf einer Bistumsseite absolut nichts zu suchen.

Denn in Wahrheit heißt es:

Hast du einen Beruf, der dich erfüllt, oder malochst du, um zu überleben? Hast du existenzielle Sorgen, bist du von Arbeitslosigkeit bedroht, lebst du von Stütze?
Das ist mir egal.
Und wenn du dich danach sehnst, in deinem Beruf etwas mehr Anerkennung zu erfahren oder überhaupt wieder bezahlte Arbeit zu haben, wenn die Sehnsucht deines Herzens einfach ein Leben in Würde ist – dann glaube ich dir nicht.

Bist du jung und lebensvoll und neugierig, oder bist du alt und schon etwas gebrechlich und nicht mehr so schnell mit Gedanken und Taten wie früher?
Das ist mir egal.
Wenn du mir nicht deine tiefsten und brennendsten Sehnsüchte gestehst, nehme ich dich nicht ernst.

Bist du in gefährlichem Aberglauben gefangen, der deine Seele schädigt?
Das ist mir egal.
Ich will, daß es dir schon mal so richtig dreckig gegangen ist, und ich will auf keinen Fall, daß du Leiden zu vermeiden oder zu lindern suchst. Das finde ich nämlich feige, und mit Feiglingen will ich nichts zu tun haben.

Bist du fähig zu überschäumender Freude von genau der Art, die ich verstehe?
Wenn nicht, bleib mir vom Leibe.

Bist du ein Lügner oder Aufschneider?
Das ist mir egal.
Hauptsache, du bist vollkommen unfähig, deine eigenen Wünsche dem Wohl eines anderen zu opfern.

Ich will, daß du deinen grundsätzlichen Optimismus schon für Reife im Glauben hältst und daß du die Gestirne anbetest in der Überzeugung, das sei Gottesdienst.

Lebst du in einer heruntergekommenen Sozialwohnung, in einem Slum, auf der Straße oder im Gefängnis? Oder lebst du in erdrückendem Reichtum?
Das ist mir egal.
Hauptsache, du kümmerst dich um die Kinder – aber ich biete dir keine Hilfe an.

Hast du schon von Jesus gehört?
Das ist mir egal.
Hauptsache, du stehst mir in der Gefahr bei.

Hast du etwas gelernt, was dich begeistert?
Das ist mir egal.
Sollte etwas davon dir Halt geben auch in schwersten Tagen, werde ich dir das nicht glauben.
Ich will dein Innerstes kennen, obwohl du mich einen Dreck interessierst.

Ich habe jetzt ein neues Tag: wir brauchen mehr Exorzisten.

Über Claudia Sperlich

Dichterin, Übersetzerin, Katholikin. Befürworterin der Vernunft, aber nicht in Überdosierung.
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3 Antworten zu Esoterisches Geschwafel im Bistum Münster

  1. Exomobile schreibt:

    Den Exorzisten rate ich Ihnen dringend selbst einmal aufzusuchen… Oder kommen sie ganz von alleine auf eine solche Schwachsinnsinterpretation???

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  2. Mom schreibt:

    Ich wuerde das anders, und viel weniger harsch, interpretieren als Sie. Aber was den elenden Hang zu unverbindlichem geschwurbel auf offiziellen katholischen Seiten betrifft, bin ich ganz bei ihnen. Die Leute haben mittlerweile so wenig Ahnung von (ihrer) Religion, dass man Gelegenheit en zur katechese nicht dermassen verschwenden sollte.

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