Zweifellos romtreu

Cathwalk publizierte einen Aufruf, sich an die Seite des Heiligen Vaters zu stellen. Ich habe diesen Aufruf unterzeichnet, obwohl ich anders formuliert hätte und die Kritik an dem Aufruf nachvollziehen kann, obwohl er mit einem Grammatikfehler betitelt ist und obwohl ich die Dubia gegenüber dem päpstlichen Schreiben Amoris Lætitia nachvollziehen kann – nicht aber den öffentlichen Umgang damit.

Ja, die Grammatik. [Edit: der Grammatikfehler wurde inzwischen von Cathwalk berichtigt, vielen Dank!] Liebe Cathnet-Redaktion: sine dubia heißt „gewähre Zweifel“. Im Folgenden werdet Ihr merken, daß ich das tue. Gemeint war von Euch aber: sine dubiis – ohne Zweifel. Ich habe ohne Zweifel unterschrieben. Meine Gründe lege ich hier dar.

Die von den Kardinälen Caffarra, Meisner, Brandmüller und Burke vorgelegten Dubia sind ein kirchlicherseits erlaubtes Vorgehen, und ich selbst verstehe nicht, warum der Heilige Vater nicht einfach darauf geantwortet hat. Damit hätte er nämlich klarstellen können, daß Amoris Lætitia vollkommen auf dem Boden der Lehre bleibt. Wenn man das Schreiben sehr aufmerksam und ohne die Absicht böswilliger Unterstellung liest, merkt man das zwar! Leider gibt es aber viele, die es eben nicht so lesen, wobei ich lieber Unaufmerksamkeit als bösen Willen sehen möchte, wenn behauptet wird, der Papst wolle die katholische Lehre kippen. (Er will es nicht, und er hat sich darüber schon öfter vor und nach dem Schreiben klar ausgedrückt.) In einem sehr lesenswerten Artikel erklärt der Kirchenrechtler Gero Weishaupt, daß und warum Amoris Lætitia keineswegs die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zum Empfang der Eucharistie propagiert.

Nun sind nicht erst seit dem Erscheinen von Amoris Lætitia, sondern seit dem Erscheinen des Heiligen Vaters auf dem Balkon („Waaah! Er hat nicht beide Arme ausgebreitet, sondern bloß mit einer Hand gewinkt!“) Stimmen laut, die diesen Papst als ketzerisch, als das eigentliche Ende der Kirche, als Vorboten des Weltunterganges sehen. Das wäre nicht weiter schlimm (jeder Papst muss mit dergleichen leben), wenn sie nicht so schrill wären und im Internet so viral, und wenn sie sich nicht so penetrant als die wahren Katholiken aufführten, neben denen alle, die diesen Papst mögen, nur Ketzer sind. Arme, dumme, irregeleitete Weiblein, wenn es um mich geht, und böse Boten des Feindes, wenn es um gescheite Männer geht (gar um Geistliche, die eventuell sogar die Messe nach dem Novus Ordo feiern).

Es hat nach dem Erscheinen von Amoris Lætitia Veröffentlichungen im Netz gegeben, die man nur als übelste Verleumdung des Heiligen Vaters und damit als Abkehr von Rom bezeichnen kann und die sich mit dem Etikett „katholisch und traditionsbewusst“ schmücken. Ich weiß schon jetzt, beim Verfassen dieses Artikels, daß verschiedene Katholiken – und zwar solche, die mir im Grunde zustimmen, ebenso wie solche, die das ganz und gar nicht tun – mir den Bezug auf Dr.can.iur. Gero Weishaupt oder auf Cathwalk oder auf die Dubia oder auf die lateinische Grammatik übelnehmen werden. Sine dubio. Damit kann und muss ich leben.

Christus hat Seine Kirche auf den ganz und gar nicht perfekten Menschen Petrus gegründet, und Er hat dabei versprochen, daß die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen werden. Daran glaube ich, auch wenn das Gezänk unter Katholiken es mir manchmal schwer macht, diesen Glauben zu wahren. Papst Franziskus ist legitimer Nachfolger Petri, Stellvertreter Christi auf Erden. Päpste sind fehlbar wie alle Menschen, Papst Franziskus weiß das. Aber das bedeutet nicht, daß sie alles falsch machen. Amoris Lætitia steht in keinem Widerspruch zur kirchlichen Lehre, ebensowenig wie schwarze Schuhe, ein kleines Auto und ein Zimmer in der Domus Marthæ.

Vivat Ecclesia! Vivat Papa! Imperat Christus!

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Über Claudia Sperlich

Dichterin, Übersetzerin, Katholikin. Befürworterin der Vernunft, aber nicht in Überdosierung.
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23 Antworten zu Zweifellos romtreu

  1. Also schwarze Schuhe sind schon bedenklich!

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  2. Michael Haupt schreibt:

    Das fasst meine Beweggründe für die Unterzeichnung besser zusammen, als ich es hätte formulieren können.

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  3. MM schreibt:

    Unterschreibe ich so!
    Herzliche Grüsse, liebe Claudia
    Monika Metternich

    Gefällt 2 Personen

  4. klimaleugner schreibt:

    „sine“ heißt gewähren? Da habe ich im Lateinunterricht wohl nicht aufgepaßt.

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  5. Wiebke M Eynaud schreibt:

    Danke für diesen Artikel. Ich hoffe von Herzen, dass Sie Recht haben und Papst Franziskus nicht auf theologisch fragwürdige Weise die Zulassung von nicht enthaltsam lebenden, wiederverheirateten Geschiedenen durchsetzen will. Leider gibt es aber auch seinen Brief an argentinische Bischöfe, in dem er zu bestätigen scheint, dass er genau das im Sinn hat – zumindest für einzelne Fälle. Dieser Brief wird von meinem Bischof (Erzbischof Scicluna, Malta) zur Begründung für eine Auslegung, die an mehreren Stellen mit der Tradition bricht, hergenommen. Ich fürchte, dass diejenigen, die wie er Amoris Laetitia liberal auslegen, damit tatsächlich der – freilich nie klar im Lehramt geäußerten – Intention des Papstes entsprechen.

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    • Claudia Sperlich schreibt:

      Willkommen auf diesem Weblog, Wiebke M Eynaud.
      Ich teile diese Befürchtung nicht. Jedoch befürchte ich, daß AL von vielen anderen als dem Papst so liberal ausgelegt wird. Daß der Heilige Vater eben keine liberale Auslegung im Sinn hat, geht aus der in meinem Artikel verlinkten Erläuterung von Dr. Weishaupt hervor.

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    • Claudia Sperlich schreibt:

      Nun, das befürchte ich eben nicht.
      Aber ich lese gerade ein treffliches Beispiel für „unbedingt wollen, daß der Papst etwas vorhat, was man nicht wollen kann“.

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  6. Gerd schreibt:

    Sehr geehrte Frau Sperlich,

    neben ihren guten Gründen zu den Unterzeichnern zu gehören möchte ich fragen ob sie die Aussage im Weckruf vollumfänglich teilen die da lautet:
    „Als letztlich pathologisches Phänomen bedauern wir aufrichtig eine argwöhnische und pessimistische Mentalität, die sich im katholisch-konservativen Lager in den letzten Jahren eingeschlichen hat, und die nur allzu gut ins Zeitalter von Fake News und Populismus zu passen scheint.“
    Ich fasse mal zusammen: Im katholisch-konservativem-Lager sind (alle?) krank. Sie sind argwöhnisch und pessimistisch und passen bestens in die Rubrik Fake News und Populismus. Um das richtig einzuordnen, müssen sie wissen, dass ich in meiner Gemeinde als konservativer Lagerkatholik eingestuft werde, weil ich z.B. die Maiandachten und das Rosenkranzgebet betreue und mich mit zwei (!!) Lagerinsassen für die hl. Stunde vor dem Allerheiligsten stark mache auch gegen den Widerstand vom Ortsgeistlichen. Wenn der nun zu mir sagt: Herr Franken sie haben ein pathologisches Problem, kann er sich streng genommen auf die Unterzeichner des „Weckrufes“ stützen, die ja alle konservativen Katholiken als krankes Phänomen betrachten.
    Vielleicht noch die nicht polemische gemeinte Bemerkung, dass unserem Herrn vorgeworfen wurde „von Sinnen“ zu sein.

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    • Claudia Sperlich schreibt:

      Ich lese das etwas anders.
      Da, wo Lagerbildung herrscht – statt einem wirklich „konservativen“, d.h. bewahrenden Geist – wird es leicht pathologisch (d.h. kann, muss aber nicht notwendig).
      Was den Rosenkranz und die Anbetung angeht, können wir uns die Hände reichen. Ich suche händeringend nach Leuten, die den Rosenkranz vorbeten, wenn ich mal keine Zeit dazu habe. Und nach Leuten, die sich mit mir gemeinsam für die Anbetung stark machen.

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      • Gerd schreibt:

        Entschuldigen sie bitte meine Penetranz oder wenn sie so wollen meinen Pessimismus. Ich lese was da steht. Pathologisch, konservativ, katholisch und Lager. Eine Unterscheidung vom rechten oder falschen Konservatismus in Bezug auf den bewahrenden Geist findet nicht statt. Würde ich so nicht unterschreiben. Genauso wenig wie die Aussage: „Das Pontifikat von Papst Franziskus ist ein großer Segen für die Kirche.“ Können die Verfasser in die Zukunft blicken? Genauso könnte das „andere Lager“ es so formulieren: Das Pontifikat von Papst Franziskus ist ein großes Unglück für die Kirche. Beides würde man wohl als pathologisches Phänomen betrachten können.

        ZITAT: Allen, die sich mit den Dubia beschäftigen oder identifizieren, empfehlen wir, sich mit dem Gedankengang vertraut zu machen, dass auch die Fragen der Pharisäer an Christus scheinbar sehr klar und Jesu Reaktion darauf, z.B. das demonstrative Schweigen, von den Pharisäern als ungeheure Ehrabschneidung empfunden wurden.

        Derselbe Christus: „Tut alles(!!) was sie euch sagen, aber handelt nicht danach, was sie tun.“ Manchmal ist Schweigen wirklich besser, als haarsträubende Vergleiche zu bemühen.

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  7. Gerd schreibt:

    In den Kommentaren bei Cathwalk werden die Verfasser und Unterzeichner des Weckrufes als wahre Katholiken gepriesen. Es passiert genau das, was der Weckruf den konservativen Katholiken unterstellt und ablehnt. Der Schuss ging wohl nach hinten los.

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  8. Gerd schreibt:

    Es wird nicht lange dauern, bis mir ein so ganz und gar nicht konservativer Vorsitzender eines Pfarreirates, den „Weckruf“ unter die Nase hält, mit dem sicherlich süffisanten Hinweis, ob ich es denn besser wüsste als die konservativen Blogger von Cathwalk. Dann bin ich noch tiefer drin im Lager der erzkonservativen Papsthasser und kein noch so gut gemeintes Wort wird für meine Verteidigung ausreichen. Dann bin ich in der Lage wie ein wiederverheiratet Geschiedener, der subjektiv keine schwere Sünde begangen hat, dies vor seinem Gewissen verantwortet, aber in eine fremde Kirche ausweichen muss um dort zu den Sakramenten zu gehen, weil er ja objektiv….na, ja sie wissen schon.

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  9. The Cathwalk schreibt:

    Hat dies auf KathStern rebloggt.

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