Marsch für das Leben 2016

Sieben Stunden Ordnerdienst ohne Pause sind ziemlich kräftezehrend – aber auch schön. Deshalb gibt es nur einige ungeordnete Eindrücke. Bilder habe ich diesmal nicht, da meine Kamera gestern den Geist aufgegeben hat. Es gibt aber genug Bilder für jeden, der nur ein wenig sucht. Das lohnt auch in ästhetischer Hinsicht, denn es war alles voller Bischöfe. Also, das ist etwas übertrieben, aber wirklich nur ein bißchen. Anwesend waren:

– Erzbischof von Berlin Dr. Heiner Koch,
– Bischof von Regensburg Dr. Rudolf Voderholzer,
– Weihbischof Dr. Dominikus Schwaderlapp (Köln),
– Weihbischof Matthias Heinrich (Berlin),
– Weihbischof Florian Wörner (Augsburg).

Nachdem im Internet sehr ekelhafte Formen von Protest angekündigt waren, hatte ich zwar keine Angst, aber ein wenig Bedenken, da meine Ekelschwelle sehr niedrig ist. Aber die Krakeeler waren heute weniger als beim letzten Mal, und die Polizei hat ihre Arbeit außerordentlich gut gemacht.

Es war ein schöner, friedlicher Marsch – leider durch weniger belebte Viertel als letztes Jahr. Die Polizei sprach von 5000 Teilnehmern, Herr Lohmann von erheblich mehr. Ich erinnere mich an den letzten Marsch für das Leben mit 7500 Teilnehmern und glaube, wir sind diesmal etwas darunter geblieben. Aber wichtiger als die Teilnehmerzahl war, daß es trotz des traurigen Anlasses eine so harmonische, teilweise sogar fröhliche Aktion war. So viele verschiedene Menschen waren vereint in dem Wunsch, die Gesellschaft menschenfreundlicher zu machen.

Als ich während der Kundgebung am Anfang Zettel verteilte, machte ich eine sehr erschreckende Erfahrung. Eine Frau am Rande der Veranstaltung lehnte den Zettel ab mit den Worten:

Ich bin für Abtreibung.

Wörtlich so. Nicht „Ich bin für sexuelle Selbstbestimmung“ oder „Ich bin für ein Recht auf Abtreibung“ – sondern „Ich bin für Abtreibung“. Ich hätte gerne gewußt, warum eine Frau, die sich für emanzipiert hält, ausdrücklich dafür ist, daß ihr eine Ärztin den Muttermund mit eine Kugelzange aufhält, mit Metallstiften dehnt und mit einer Saugcurette die Gebärmutter leert, oder ihr eine Pille verabreicht, von der ihr mordsmäßig übel wird – aber es war nicht der Moment, das zu fragen. Ich jedenfalls verstehe unter Emanzipation etwas anderes.

Die Parolen der Gegenseite haben sich übrigens nicht verändert. Mein Favorit „Mittelalter, Mittelalter, hey, hey“ war natürlich wieder dabei, und ganz ehrlich: ich fühle mich geschmeichelt, wenn man mein Dasein mit romanischer Baukunst, gregorianischem Gesang und illuminierten Handschriften in Verbindung bringt. Dafür den Gegnern ein herzliches Dankeschön!

Über Claudia Sperlich

Dichterin, Übersetzerin, Katholikin. Befürworterin der Vernunft, aber nicht in Überdosierung.
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2 Antworten zu Marsch für das Leben 2016

  1. Joel Berger schreibt:

    Weihbischof Dr. Matthias Heinrich – wennschondennschon 😉
    Und Erzbischof Koch ist leider verschwunden, als der Marsch sich in Bewegung setzte, vielleicht musste er zur nächsten Demo…

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    • Claudia Sperlich schreibt:

      Dank für Berichtigung. 😉
      Spekulationen mit evtl. miesepetrigem Hintergrund find ich nicht gut. Aber vielleicht war es ja auch ein ganz respektvoller Hintergrund, so wie „wow, die Exzellenz mutet sich zwei Demos zu“? Nicht abwegig.
      Ich bin ganz dafür, gegen TTIP zu protestieren. Phileirenos von allotria catholica schreibt dazu: „Und wer sagt, daß das Lebensrecht einfach wichtiger ist als alles andere, bedenke die leider sehr reale Möglichkeit, daß bei erfolgter Verabschiedung von CETA nach einer künftigen Verbesserung des gesetzlichen Lebensschutzes für ungeborene Kinder ein Konzern von jenseits des Atlantiks, der hierzulande eine Abtreibungsklinik betreibt, Schadensersatz in großer Höhe für entgangene Gewinne einklagt.“

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